Aufgedeckt: Die Wahrheit hinter der 19% MwSt.-Geschenkt-Aktion

Es ist wieder so weit. Überall leuchten die roten Plakate, die Onlineshops schreien es in Großbuchstaben heraus: „Wir schenken Ihnen die 19% Mehrwertsteuer!“ Und man denkt sich: Das ist die Chance, endlich den neuen Fernseher oder die teure Kaffeemaschine zu kaufen.

Doch bevor Sie jetzt wieder auf dieses vermeintliche Super-Angebot hereinfallen, nehmen wir Sie an die Hand. Es ist Zeit für eine ehrliche Abrechnung. In diesem Artikel wird erklärt, warum Händler das tun, warum es sich bei dem Rabatt niemals um 19 Prozent handelt und wie Sie diese Aktionen trotzdem zu Ihrem Vorteil nutzen können – wenn Sie wissen, worauf Sie achten müssen.

Der Trick im Kopf: Warum unser Gehirn auf die „19%“ hereinfällt

Die Werbung ist psychologisch brillant gemacht. Sie nutzt zwei einfache Mechanismen, um uns zu überzeugen:

  • Der Anker-Effekt: Die Zahl „19%“ ist groß, plakativ und wird ständig wiederholt. Unser Gehirn „ankert“ sich an dieser Zahl und nimmt sie als den tatsächlichen Wert des Angebots wahr. Alles andere wird zweitrangig.
  • Das Framing: Das Wort „geschenkt“ ist entscheidend. Ein „Geschenk“ ist emotional positiv, es fühlt sich wie ein persönlicher Gewinn an. Die ehrliche, aber langweilige Aussage „15,97% Rabatt auf den Bruttopreis“ würde niemanden hinter dem Ofen hervorlocken. Es ist ein Marketing-Kniff, der auf unsere Emotionen zielt, nicht auf unseren Verstand.

Netto vs. Brutto: Die unsichtbare Hürde in der Rechnung

Das Kernproblem liegt im grundlegenden Aufbau unserer Preise in Deutschland. Jeder Preis, den Sie im Laden sehen (der Bruttopreis), enthält bereits die Mehrwertsteuer. Diese wird aber auf den Nettopreis (den Preis ohne Steuer) aufgeschlagen.

Stellen wir uns das mit einem einfachen Beispiel vor:

  • Ein Händler legt den Preis für ein Produkt fest: 100 € (Nettopreis).
  • Darauf kommt die Mehrwertsteuer: 19% von 100 € sind 19 €.
  • Der Preis, den Sie am Regal sehen, ist also:
100€ (Netto)+19€ (Steuer)=119€ (Bruttopreis)

Wenn der Händler Ihnen nun die Mehrwertsteuer „schenkt“, bedeutet das, dass der Preis von 119 € auf die ursprünglichen 100 € reduziert wird. Sie sparen also 19 €. Aber was bedeutet das prozentual?

Info-Box
Tim Lilling
Tim Lilling
Dipl.-Kulturwirt
Gründer von blitzrechner.de
„Mein Ziel: Schnelle und effektive Hilfe bei Mathefragen.”
Ich habe blitzrechner.de gegründet, um Menschen eine schnelle und unkomplizierte Lösung für ihre alltäglichen Mathematikfragen zu bieten. Der Grund dafür? Es hat mich immer frustriert, erstmal mühsam auf verschiedenen Webseiten nach Daten suchen zu müssen, um sie dann in Excel zu übertragen – all das für ein einfaches Ergebnis. Blitzrechner.de übernimmt diese Arbeit: blitzschnell und mühelos zum Ergebnis, ohne Formelschlachten in Excel und zeitaufwändige Recherche.
Mehr über mich.

Die Wahrheit in Zahlen: So wird der echte Rabatt von 15,97% berechnet

Der Rabatt wird vom Bruttopreis (119 €) abgezogen. Man muss also ausrechnen, wie viel Prozent die gesparten 19 € von den 119 € ausmachen.

Die Formel dafür ist simpel: (Anteil ÷ Ganzes) × 100.19 € 

\frac{19 \, \text{€ (Ihr Rabatt)}}{119 \, \text{€ (Preis im Laden)}} \times 100 \approx 15,97 \, \%

Der tatsächliche Rabatt auf den Endpreis beträgt also immer nur 15,97%!

Hier sehen Sie den Weg des Geldes noch einmal visuell aufbereitet:

SchrittBeschreibungBetrag
1. NettopreisDer Preis des Händlers100,00 €
2. Mehrwertsteuer19% werden aufgeschlagen+ 19,00 €
3. BruttopreisDer Preis im Laden119,00 €
4. RabattDie „geschenkte“ MwSt. wird abgezogen– 19,00 €
5. Ihr EndpreisDer Preis an der Kasse100,00 €
Ihr Rabatt19 € von 119 € sind 15,97%

Wer es ganz genau wissen will, findet hier einen MwSt-Rechner, einen Rabatt-Rechner und hier den theoretischen Hintergrund zur Prozentrechnung.

Warum Händler das tun: Die Motivation hinter dem Rabatt-Theater

Warum macht ein Unternehmen das, wenn es doch fast 16% vom Umsatz abgibt? Die Aktion ist eine präzise kalkulierte Geschäftsstrategie:

  • Kundenfrequenz steigern: Die laute Werbung lockt massenhaft Menschen in die Läden und auf die Webseiten.
  • Zusatzverkäufe fördern: Wenn Sie schon mal da sind, um den Fernseher zu kaufen, nehmen Sie vielleicht noch das teure HDMI-Kabel, eine Wandhalterung oder eine Garantieverlängerung mit. An diesem Zubehör verdient der Händler oft mehr als am Hauptprodukt.
  • Lager leeren: Die Aktionen sind perfekt, um ältere Modelle und Ladenhüter loszuwerden, bevor die neue Ware kommt.

Achtung, Kleingedrucktes: Die typischen Haken und Ausnahmen

Fast wichtiger als die Prozentrechnung ist der Blick ins Kleingedruckte. Der Rabatt gilt fast nie für alles. Typische Ausnahmen sind:

  • Bestimmte Marken: Sehr oft sind Apple, Miele, Sonos, Dyson oder andere Premium-Marken ausgeschlossen.
  • Produktgruppen: Bücher, E-Books, Gutscheinkarten, Pfand und Mobilfunkverträge sind fast immer ausgenommen.
  • Dienstleistungen: Lieferungen, Montageservices oder Reparaturen sind nicht rabattfähig.
  • Mitgliedschaft: Manchmal ist der Rabatt an eine Kundenkarte oder eine Club-Mitgliedschaft gebunden.

Fazit: So wird aus dem Werbe-Trick ein echter Vorteil für Sie

Lohnt sich die Aktion also pauschal? Die ehrliche Antwort ist: Nein, nicht immer. Ein Rabatt von knapp 16% ist zwar gut, aber ein Produkt, das vorher überteuert war, ist auch mit Rabatt kein Schnäppchen. Oft sind gerade die beliebtesten Produkte ausgeschlossen.

Lassen Sie sich nicht von der roten Farbe und dem Wort „geschenkt“ blenden. Nutzen Sie stattdessen Ihr Wissen und machen Sie die Aktion zu Ihrem Werkzeug.

Ihre Checkliste für die erfolgreiche Schnäppchenjagd:

  • Kennen Sie den echten Rabatt: Haben Sie immer die 15,97% im Kopf, nicht die 19%. Das ist Ihre wahre Ersparnis.
  • Prüfen Sie die Ausnahmen: Schauen Sie als Erstes nach, ob Ihr Wunschprodukt überhaupt für die Aktion qualifiziert ist. Meist steht das im Kleingedruckten auf der Webseite.
  • Vergleichen Sie die Preise – IMMER: Das ist der wichtigste Schritt. Nutzen Sie eine Preissuchmaschine (wie Idealo, Geizhals etc.) und prüfen Sie, was das Produkt bei anderen Händlern ohne Aktion kostet. Manchmal ist der Normalpreis woanders günstiger als der Aktionspreis im Angebot.
  • Kaufen Sie nur, was Sie brauchen: Die größte Gefahr bei solchen Aktionen sind Impulskäufe. Kaufen Sie nur das, was Sie ohnehin geplant hatten.

Wenn Sie diese vier Schritte befolgen, können Sie aus einem listigen Marketing-Trick einen echten finanziellen Vorteil für sich herausholen.

Gelten die 19% Rabatt auf den Preis, den ich im Prospekt sehe?

Nein. Der Preis im Prospekt ist der Bruttopreis, der bereits die Mehrwertsteuer enthält. Der Rabatt von „19% MwSt. geschenkt“ bedeutet, dass der Anteil der Mehrwertsteuer im Bruttopreis herausgerechnet wird. Das führt zu einem tatsächlichen Rabatt von ca. 15,97% auf den Bruttopreis.

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Warum nennen Händler es nicht einfach „16% Rabatt“? Wäre das nicht ehrlicher?

Die Formulierung „19% MwSt. geschenkt“ ist ein effektiver Marketing-Trick. Die Zahl 19% klingt nach einem höheren Rabatt und das Wort „geschenkt“ erzeugt positive Emotionen. Eine nüchterne Angabe von 15,97% Rabatt wäre psychologisch weniger wirksam.

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Was passiert, wenn ich einen Artikel kaufe und die Aktion später startet?

Wenn Sie einen Artikel vor dem Beginn einer solchen Aktion gekauft haben, haben Sie in der Regel keinen Anspruch auf den nachträglichen Rabatt. Die Teilnahmebedingungen der Aktion gelten nur für Käufe, die innerhalb des beworbenen Zeitraums getätigt werden. Ein Umtausch und Neukauf könnte theoretisch möglich sein, hängt aber von der Kulanz des Händlers ab.

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Sind alle Produkte von dieser Aktion betroffen?

Nein, fast nie. In den Teilnahmebedingungen wird immer eine Liste von Ausnahmen aufgeführt. Häufig sind dies Produkte von Marken wie Apple, Miele oder Dyson, aber auch Bücher, Gutscheinkarten, Dienstleistungen oder bestimmte Aktionswaren. Es ist wichtig, das Kleingedruckte genau zu lesen.

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Kann die Mehrwertsteuer-Aktion mit anderen Rabatten kombiniert werden?

Das hängt vom Händler ab. Manche Shops erlauben die Kombination mit weiteren Gutscheinen oder Aktionen, die meisten Shops schließen das aber aus. Es lohnt sich, die Aktionsbedingungen genau zu prüfen.

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Wie genau funktioniert die „MwSt. geschenkt“-Aktion bei MediaMarkt und Saturn?

Bei MediaMarkt und Saturn ist diese Aktion ein regelmäßiges und bekanntes Highlight. Um teilzunehmen, müssen Sie in der Regel Mitglied im kostenlosen Kundenprogramm „myMediaMarkt“ bzw. „mySaturn“ sein. Der Rabatt in Höhe des Mehrwertsteueranteils, also 15,966%, wird dann automatisch im Warenkorb des Onlineshops oder direkt an der Kasse in der Filiale abgezogen. Wichtig ist jedoch, dass die Aktion fast nie für das gesamte Sortiment gilt. Es gibt eine lange Liste von ausgeschlossenen Marken und Produktkategorien, zu denen häufig Apple, Amazon-Geräte, Spielekonsolen und Guthabenkarten gehören. Trotz dieser Einschränkungen lassen sich manchmal echte Schnäppchen bei teuren Produkten wie Fernsehern oder Haushaltsgeräten machen.

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Bieten andere Händler außer MediaMarkt und Saturn auch solche Aktionen an?

Ja, auch wenn MediaMarkt und Saturn am bekanntesten für diese Art der Rabattaktion sind, nutzen auch andere große Ketten ähnliche Werbestrategien, um Kunden anzulocken. Ein häufig beobachtetes Phänomen ist, dass große Online-Händler wie Amazon auf die Aktionen von MediaMarkt und Saturn reagieren. Es ist nicht unüblich, dass Amazon kurz nach dem Start einer solchen Kampagne die Preise für ausgewählte Produkte ebenfalls senkt, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Unabhängig vom Händler gelten jedoch fast immer die gleichen Grundregeln: Der tatsächliche Rabatt ist niedriger als die beworbene Prozentzahl und es gibt Einschränkungen im Kleingedruckten. Ein Preisvergleich ist daher bei jeder dieser Aktionen ratsam.

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